Die Debatte über die Legalisierung von Cannabis gewinnt weltweit an Dynamik. In vielen Ländern werden Gesetze geändert oder diskutiert. Doch was sagen wissenschaftliche Studien wirklich über die Folgen einer Legalisierung?
Diese Seite bietet eine verständliche und faktenbasierte Übersicht über den aktuellen Forschungsstand – und zeigt, warum neuere wissenschaftliche Methoden nötig sind, um klare Antworten zu erhalten.
Was sagt die Wissenschaft – und wo gibt es Probleme?
Die Meinungen darüber, ob eine Legalisierung von Cannabis positive oder negative Folgen hat, gehen auseinander. Viele Studien haben untersucht, welche Auswirkungen eine Cannabislegalisierung mit sich bringt. Einige sehen Vorteile wie eine Reduzierung der Kriminalität und zusätzliche Steuereinnahmen, während andere auf mögliche Gesundheitsrisiken oder einen Anstieg des Konsums hinweisen.
Doch die bisherigen Studien liefern widersprüchliche Ergebnisse. Der Grund: Sie messen meist nur korrelative Zusammenhänge und können deshalb nicht eindeutig belegen, ob eine Cannabislegalisierung tatsächlich die Ursache für die beobachteten Muster ist.
Zwei Beispiele:
- Gesundheit: Cannabislegalisierung wird mit einem erhöhten Psychoserisiko in Verbindung gebracht (Myran et al., 2025), doch nicht alle Forschungen bestätigen diesen Effekt (Elser et al., 2023).
- Kriminalität: Einige Studien zeigen einen Rückgang der Kriminalität nach einer Cannabislegalisierung (Adda et al., 2014), während andere keine Veränderung feststellen (Sabia et al., 2021).
Warum widersprechen sich diese Ergebnisse?
Die bestehende Evidenz besteht aus Beobachtungsstudien auf Basis korrelativer Zusammenhänge, die vor zwei grossen methodologischen Herausforderungen stehen:
- Ursache oder Wirkung? (Umgekehrte Kausalität)
Führt eine Cannabislegalisierung zu einem erhöhten Psychoserisiko oder neigen Gesellschaften, in denen offener mit psychischen Krankheiten umgegangen wird und in welchen diese deshalb auch öfter diagnostiziert werden, eher dazu, Cannabis zu legalisieren?
- Fehlende Faktoren
Beeinflussen andere Faktoren – wie zum Beispiel die Wirtschaftslage oder eine neue Polizeistrategie – sowohl die Cannabislegalisierung als auch die Kriminalitätsraten?
Warum ist das ein Problem?
Politische Entscheidungen sollten auf klaren Fakten basieren. Doch wenn Studien nur korrelative Zusammenhänge zeigen, besteht die Gefahr, dass falsche Schlüsse gezogen werden. Korrelation und Kausalität können leicht verwechselt werden. Ein Beispiel:
- Covid-19 als fehlender Faktor
Die Studie von Myran et al. (2025) untersucht, wie sich eine Cannabislegalisierung auf problematischen Konsum und die psychische Gesundheit auswirkt. Die Autoren stellen fest, dass nach der Legalisierung Ende 2018 sowohl der problematische Cannabiskonsum als auch die Zahl der Diagnosen für Schizophrenie und Psychosen gestiegen sind. Allerdings hat die Studie eine grosse Schwäche: Sie betrachtet nur, wie sich die Zahl der psychischen Erkrankungen nach der Legalisierung verändert hat, ohne andere mögliche Ursachen zu berücksichtigen. Ein wichtiger Faktor: Die Legalisierung in Kanada fiel zeitlich mit der Covid-19-Pandemie zusammen – einer Zeit, in der sowohl der Cannabiskonsum als auch psychische Erkrankungen generell zugenommen haben (Imtiaz et al., 2021; Rao et al., 2024). Das bedeutet, dass die beobachtete Zunahme der psychischen Erkrankungen nicht unbedingt durch die Legalisierung verursacht wurde, sondern auch andere Gründe haben könnte.
Diese Unsicherheiten entstehen, weil die meisten Studien nicht die entscheidende Frage beantworten: Ist die Cannabislegalisierung tatsächlich die Ursache für diese Effekte – oder gibt es andere, versteckte Einflussfaktoren?
Um das sicher herauszufinden, braucht es randomisierte kontrollierte Studien, die gezielt Ursachen von Zufällen trennen können. Genau das ist unser Ziel.
Unsere Lösung: zufällige Zuteilung in Kontroll- und Versuchsgruppe
Unsere Studie basiert auf einem randomisierten kontrollierten Design – der zuverlässigsten Methode zur Untersuchung von Ursache-Wirkung-Zusammenhängen. Ähnlich wie in der Medizin, wo Medikamente mit Placebos verglichen werden, teilen wir Teilnehmende zufällig in eine Kontroll- und eine Versuchsgruppe auf. Dieser „Goldstandard“ wird seit Jahrzehnten für die Entwicklung von Medikamenten genutzt und gewinnt auch in der Sozialforschung zunehmend an Bedeutung.
Der Verein Swiss Cannabis Research führt in Zusammenarbeit mit der ETH Zürich und der Universität Zürich eine solche Studie durch, um eindeutige Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge der Cannabislegalisierung identifizieren zu können.
Was unterscheidet unsere Studie von der bisherigen Forschung?
- Zufällige Gruppenbildung für faire Vergleiche
Unsere Studie folgt dem bewährten Prinzip randomisierter kontrollierter Studien, indem wir die Teilnehmenden zufällig in Gruppen aufteilen. Durch die zufällige Zuteilung, sind die Gruppen bei einer genug grossen Stichprobe statistisch gesehen gleich und der einzige Unterschied besteht darin, ob die Personen legal oder nicht Cannabis erwerben können. Dadurch verhindern wir typische Schwächen früherer Studien, etwa versteckte Einflussfaktoren oder umgekehrte Kausalität, und können präzise untersuchen, welche Effekte tatsächlich durch die Legalisierung entstehen – und welche nur zufällige Korrelationen sind.
Unser Ansatz basiert auf modernen Forschungsmethoden, die sich bereits in anderen Bereichen wie der Entwicklungsökonomie bewährt haben und 2019 mit dem Wirtschaftsnobelpreis ausgezeichnet wurden. Bereits 2004 prognostizierte Nobelpreisträgerin Esther Duflo, dass eine Kultur der rigorosen randomisierten Evaluierungen die Sozialpolitik im 21. Jahrhundert genauso verändern könnte, wie klinische Studien die Medizin im 20. Jahrhundert revolutioniert haben (Duflo et al., 2004). Unser Ziel ist es, diese bewährte Methodik auf die Cannabisforschung anzuwenden, um fundierte wissenschaftliche Erkenntnisse für eine evidenzbasierte Politikgestaltung zu liefern.
- Untersuchung realer Auswirkungen
Wir analysieren nicht nur den Einfluss einer Cannabislegalisierung auf den Konsum, sondern auch den Effekt auf wichtige volkswirtschaftliche Indikatoren wie Bildung, Arbeit und Kriminalität. Diese Effekte beobachten wir nicht nur kurzfristig, sondern auch über längere Zeit.
Fazit: Warum das wichtig ist
Die bisherige Forschung zur Cannabislegalisierung liefert wertvolle Einblicke und hilft, erste Trends und Zusammenhänge zu verstehen. Allerdings bleibt oft unklar, ob beobachtete Effekte tatsächlich eine Folge der Legalisierung sind oder ob andere Faktoren eine Rolle spielen.
Unser Forschungsprojekt, durchgeführt vom Verein Swiss Cannabis Research in Zusammenarbeit mit der Universität Zürich und der ETH Zürich, ergänzt diese bestehende Forschung durch eine randomisierte kontrollierte Studie. Mit diesem Ansatz ermöglichen wir eine präzise Untersuchung von Ursache-Wirkung-Zusammenhängen und tragen so zu einer fundierten, evidenzbasierten Grundlage für zukünftige politische Entscheidungen bei.