Die Frage ob die Legalisierung von Cannabis zu fördern wäre, lässt sich aus wissenschaftlicher Sicht von verschiedenen Perspektiven aus betrachten. Sodass negative Konsequenzen von einer Cannabislegalisierung ausgehen, müssen mehrere Bedingungen erfüllt sein. Erstens muss eine Legalisierung von Cannabis dazu führen, dass ein grösserer Teil der Bevölkerung beginnt Cannabis zu konsumieren. Zweitens müsste durch Cannabiskonsum ein negatives Verhalten oder negative Gesundheitsfolgen verursachen. Auch wenn die wissenschaftliche Literatur zu diesen Themen spärlich ist, gibt es doch Publikationen, welche uns helfen können Licht in diese Sache zu bringen.
Dank der Legalisierungswelle in den Vereinigten Staaten in den 2010er-Jahren gibt es inzwischen einige Studien welche anhand moderner statistischer Methoden die Effekte von legalem Cannabis auf die Bevölkerung analysieren.[1] Eine der wichtigsten Fragen, die es dabei zu beantworten gibt, bezieht sich auf die Veränderungen im Konsum der Bevölkerung.
Die Wissenschaftler, welche mit Amerikanischen Daten diese Frage zu beantworten versuchten, kamen auf eine nicht so überraschende Schlussfolgerung: etwa drei Prozent der Bevölkerung, welche vor der Legalisierung nicht regelmässig Cannabis konsumierte, gab nun an regelmässig Cannabis zu konsumieren. Interessanterweise fand eine der beiden Studien nicht nur einen Anstieg in Cannabiskonsum, sondern auch eine Reduzierung im Gebrauch anderer Drogen und im übermässigen Alkoholkonsum.
Damit wäre die erste Frage geklärt: die wissenschaftliche Literatur weist darauf hin, dass eine Legalisierung von Cannabis den prozentualen Anteil der konsumierenden Bevölkerung erhöht. Bleibt die Frage, wie sich Cannabis auf den Konsumenten auswirkt?
Wie wirkt Cannabis eigentlich?
Die Forschung, welche sich mit den Folgen des Konsums von Cannabis auseinandersetzt, ist leider nicht eindeutig und oft qualitativ mangelhaft. Zwei grosse Übersichtsstudien zum Thema Cannabis, Atemwegskrankheiten und Lungenkrebs aus den Jahren 2005 und 2007 beschreiben dies treffend: einerseits gebe es eine grosse Diskrepanz in der Qualität der Studien, andererseits keine konsistente Verbindung von Cannabiskonsum und Lungenkrebs, sobald man den Konsum von Tabak miteinbeziehe.[1]
Ein zweiter Weg wie sich der Konsum von Cannabis negativ auf die Bevölkerung auswirken könnte, wäre über eine Veränderung des Verhaltens der Konsumenten. Auch hierzu fehlt bis heute eindeutige kausale Forschung. Eine umfassende Analyse aus dem Jahre 2016 stellte fest, dass – obschon man bei Cannabiskonsumente eine erhöhte Motivationslosigkeit und niedrigere kognitive Fähigkeiten beobachtete – nicht klar war, ob diese Effekte langanhaltend seien und in welche Richtung die Kausalität verläuft.[2] Das heisst, es ist nicht klar ob erhöhte Motivationslosigkeit der Auslöser für den Cannabiskonsum darstellt oder umgekehrt.
Ähnlich steht es um Studien, welche sich mit anderen von Cannabiskonsum ausgelösten Änderungen des Verhalten befassen. Ob Forschung zu häuslicher Gewalt oder Gefahr im Strassenverkehr: die Literatur tendiert dazu, Cannabislegalisierung einen positiven Effekt zuzuschreiben, meist in Kombination mit einer Reduktion in Alkoholkonsum[3].
Da es diesen Studien jedoch auch Ursache und Wirkung nicht auseinanderhalten können, bleibt auch hier nur eine Schlussfolgerung: Um die physischen und psychischen Folgen einer Cannabislegalisierung auf einer evidenz-basierten Ebene beurteilen zu können, brauchen wir unbedingt mehr Forschung und Pilotprojekte zu diesem Thema. Der Verein Cannabis Research bemüht sich um die Finanzierung und Durchführung solcher qualitativ hochwertiger Forschung.
[1] Sabia, J. J., Dave, D. M., Alotaibi, F., & Rees, D. I. (2021). Is Recreational Marijuana a Gateway to Harder Drug Use and Crime? (No. w29038). National Bureau of Economic Research. ; Dragone, D., Prarolo, G., Vanin, P., & Zanella, G. (2019). Crime and the legalization of recreational marijuana. Journal of economic behavior & organization, 159, 488-501.
[2] Tetrault, J. M., Crothers, K., Moore, B. A., Mehra, R., Concato, J., & Fiellin, D. A. (2007). Effects of marijuana smoking on pulmonary function and respiratory complications: a systematic review. Archives of internal medicine, 167(3), 221-228 ; Mehra, R., Moore, B. A., Crothers, K., Tetrault, J., & Fiellin, D. A. (2006). The association between marijuana smoking and lung cancer: a systematic review. Archives of internal medicine, 166(13), 1359-1367.
[3] Volkow, N. D., Swanson, J. M., Evins, A. E., DeLisi, L. E., Meier, M. H., Gonzalez, R., … & Baler, R. (2016). Effects of cannabis use on human behavior, including cognition, motivation, and psychosis: a review. JAMA psychiatry, 73(3), 292-297
[4] Smith, P. H., Homish, G. G., Collins, R. L., Giovino, G. A., White, H. R., & Leonard, K. E. (2014). Couples’ marijuana use is inversely related to their intimate partner violence over the first 9 years of marriage. Psychology of Addictive Behaviors, 28(3), 734 ; Mark Anderson, D., Hansen, B., & Rees, D. I. (2013). Medical marijuana laws, traffic fatalities, and alcohol consumption. The Journal of Law and Economics, 56(2), 333-369