Die größte amerikanische Sprinterin konnte nicht an den Olympischen Spielen teilnehmen, weil sie Marihuana konsumiert hatte. Cannabiskonsum ist unter US-amerikanischen Spitzensportlern weit verbreitet. Die Wissenschaftliche Forschung zu dem Thema steht aber noch aus.
Als bei den Olympischen Spielen in Tokio der 100-Meter-Lauf der Frauen begann, fehlte die amerikanische Starläuferin Sha’Carri Richardson. Sie hatte sich mit einer fantastischen Laufzeit qualifiziert, wurde aber kurz darauf von ihrem Verband von den Olympischen Spielen ausgeschlossen. Kurz nach ihrem viel bejubelten Sieg bei den Qualifikationswettkämpfen in den Vereinigten Staaten wurde sie positiv auf THC getestet.
Die Disqualifikation der 100-Meter-Läuferin setze den Startschuss für ein erneutes Aufflammen einer alten Kontroverse: Wie wirkt sich der Konsum von Cannabis auf die Leistungen von Sportlern aus und wie sinnvoll ist es, dass die Substanz im Spitzensport verboten ist?
Denn Cannabis wird von der Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA) als verbotenes Dopingmittel gelistet. Nur gibt beim heutigen Wissensstand keine wissenschaftlichen Beweise dafür, dass seine Verwendung von Cannabis die Geschwindigkeit und Kraft von Sportlern verbessern würde. In Wirklichkeit sind viele medizinische Experten der Meinung, dass das Medikament die körperliche Leistungsfähigkeit eher verringern könnte.[1]
Der wahre Grund, warum Sportler Cannabis zu sich nehmen, scheint ganz woanders zu liegen. Laut einer Studie aus dem Jahr 2019, bei der 1161 Sportlerinnen und Sportler Cannabis konsumierten, sagten rund 70% von ihnen, dass es ihnen half, besser zu schlafen und weniger Schmerzen beim Training zu haben. Erstaunliche 60% sagten, dass sie sich dadurch entspannter fühlten.[2] In einer Umfrage der University of Colorado gaben 70% der Befragten an, dass sie Cannabis verwenden, um sich zum Sport zu motivieren, und 78% um die Erholung zu fördern.[3]
Dies erklärt auch die Prävalenz von Cannabis im Spitzensport. In der NHL, der nordamerikanischen Eishockeyliga, konsumieren laut Insidern ungefähr 60% regelmässig Cannabis.[4] In der Amerikanischen Football- und Basketballliga schätzt man den Anteil auf über 50%.[5] In diesen Hochdruckumgebungen ist Cannabis eine gern-genutzte Art der Erholung und Entspannung. Nachdem die Baseballliga der USA 2019 Cannabis von der Liste der verbotenen Substanzen strich, zog 2020 auch die Football- und Basketballliga nach.
Die „New York Times“ hat ausführlich über das Thema geschrieben.[6] Marihuana ist inzwischen in zahlreichen Staaten der USA legal. Nach der Analyse zahlreicher Untersuchungen kam die Zeitung zu dem Schluss, dass „alle nachfolgenden Studien darauf hindeuten, dass Cannabis weder die Kraft noch die Ausdauer verbessert.“
Ist Marihuana deswegen eine harmlose Droge, die Sportlern hilft abzuschalten? Es lohnt sich auf jeden Fall, die Forschung genauer zu betrachten. Nach dem Konsum von Marihuana steigen die Herzfrequenz und der Blutdruck so stark an, dass die sportliche Leistung laut einfachen Tests mit Leistungssportlern erheblich beeinträchtigt wird.[7]1 Des Weiteren sind die Berichte von Entspannung und erhöhter Erholung nur basierend auf subjektiven Erfahrungsberichten. Für eine abschliessende Analyse braucht es mehr Forschung, um die Effekte von Cannabiskonsum auf die physischen und psychischen Faktoren von Sport beurteilen zu können.
[1] Campos, D. R., Yonamine, M., & de Moraes Moreau, R. L. (2003). Marijuana as doping in sports. Sports medicine, 33(6), 395-399
[2] Zeiger, J. S., Silvers, W. S., Fleegler, E. M., & Zeiger, R. S. (2019). Cannabis use in active athletes: behaviors related to subjective effects. PLoS One, 14(6), e0218998
[3] https://www.colorado.edu/today/2021/11/29/new-take-runners-high-study-explores-how-marijuana-affects-workouts
[4] https://www.sportsnet.ca/hockey/nhl/marijuana-use-players-story/
[5] https://www.nytimes.com/2020/04/13/sports/football/nfl-marijuana-policy.html#:~:text=It%20is%20unclear%20what%20percentage,of%20players%20use%20the%20drug ; https://nba.nbcsports.com/2020/02/27/estimates-on-nba-players-using-marijuana/
[6] https://www.nytimes.com/2021/07/11/well/move/marijuana-olympics-ban.html
1 Campos, D. R., Yonamine, M., & de Moraes Moreau, R. L. (2003). Marijuana as doping in sports. Sports medicine, 33(6), 395-399